Meine sehr geehrten Patienten !
Entspannen Sie sich !
Ich meine es ernst. So banal und als Phrase abgedroschen das klingt – ich meine es ganz ernst.
Achten Sie darauf, sich täglich aktiv und bewußt zu entspannen. Denn auch wenn es sich anders anfühlt, dem Thema Stress ist niemand hilflos ausgeliefert. Es gibt Möglichkeiten gegenzusteuern. Man muß diese Möglichkeiten nur nutzen.
Das ist – im Grunde wie das ganze Stress-Thema – nicht einmal CED-spezifisch. Ich schreib`s hier aber trotzdem mit Ansage, weil es für Sie als Patient mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, einem M. Crohn oder einer Colitis ulcerosa einfach auch immens wichtig ist. Denn wie sehr sich Stress auf Ihre Erkrankung auswirkt, wissen Sie.
Prinzipiell gibt es 10.000 verschiedene Dinge, die man für die eigene Entspannung und gegen Stress tun kann. Darüber werden ja bekanntlich dicke Bücher geschrieben. Mit vielem davon kennen ich mich aber – um ehrlich zu sein – nicht aus. Yoga z.B., es gibt eine ganze Reihe von Untersuchungen, die zeigen konnten, wie positiv sich Yoga auf das Befinden von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auswirken kann. Das ist beeindruckend ! Aber … ich weiß nicht viel über Yoga.
Und doch möchte ich Ihnen doch etwas “an die Hand geben”, was konkreter ist als “Entspannen Sie sich“. Dabei ist es mir immer wichtig, dass praktische Dinge auch praktisch und eben praktikabel, also machbar sind. Einfach. So, dass Sie`s lesen und wissen: Aha, so könnte es klappen, das wäre ein Anfang zum “sich entspannen“.
Deswegen etwas ganz einfaches, mit dem ich mich gut auskenne, und zwar nicht weil ich`s Jahre studiert habe, sondern weil es eben “einfach” ist.
Atmen. Atmen und dadurch den Parasympathikus aktivieren. Denn Parasympathikus-Aktivierung ist das, was bei und gegen Stress hilft. Und was langfristig wirklich zu einer gewissen Stressresistenz führen kann.
Ich hatte geschrieben, dass Stress sich ganz konkret im Nervensystem abspielt. Und ich kenne nichts, worüber Sie so schnell an Ihr Nervensytem rankommen, wie über Ihre Atmung.
Verlangsamte, tiefe Atmung reduziert Stress. Das ist, als würden Sie einen Hebel umlegen.
Der Effekt von Atemübungen wurde zig-fach untersucht. Es wirkt. Und ich schreibe Ihnen hier kurz und bündig wie`s gehen kann. Lesen Sie gerne genauer nach, wenn Sie tiefer in die Materie “Atmen” einsteigen wollen. Googeln Sie: “Stressreduktion Atemtechniken” oder “Atemübungen” oder “Effekt Atemübungen“. Sie finden bestimmt etwas für Sie Passendes.
Ich ja finde es immer toll, wenn Dinge “wirken“, das heißt funktionieren. Das finde ich bei Medikamenten toll, das finde ich bei Ernährung und Bewegung toll und das finde ich bei Atemtechniken toll.
Fangen Sie heute an. Ernsthaft, heute ! Wenn Sie den Abschnitt hier zu Ende gelesen haben : hinsetzen, Augen zu (ja, das hilft !), los gehts`s.
Suchen Sie sich ein Plätzchen, wo Sie ein paar Minuten niemand stört bzw. Sie sich einfach nicht stören lassen. Küchenstuhl, Schreibtisch (Ich nutze meine täglich Bahnfahrt zur Arbeit…). Fester Zeitpunkt, fester Ort ist gut und wichtig, um das ganze zu “verankern”. (Ja, Wecker früher stellen, ist eine gute Idee…!)
Achtung: Wenn Sie bislang noch gar nichts mit Entspannungstechniken am Hut hatten, wird es Ihnen – und werden Sie sich dabei – seltsam vorkommen. Aber das ist egal – einfach machen.
Also hinsetzen, Augen zu … Und dann … ver-lang-sa-men … Sie … Ihre … Atmung.
Atmen Sie bewußt. Atmen Sie tief, in den Bauch.
Es gibt es z.B. die Möglichkeit, während der Einatmung und Ausatmung jeweils langsam (!) bis 4 zu zählen und dann noch jeweils zwischen Ein-und Ausatmen eine kleine Pause einzubauen (in der können Sie bis 2 zählen) .
Wichtig: Atmen Sie “in den Bauch”. (Nur um Mißverständnissen vorzubeugen: wir atmen immer und ausschließlich in die Lungen. Aber wenn sich das Zwerchfell ( Muskel zwischen Brust- und Bauchraum nach unten zieht, fühlt es sich an wie “in den Bauch atmen“). Dabei geht es um das Zwerchfell und den Nerv, der das Zwerchfell versorgt. Über den erreichen Sie nämlich auch den Vagusnerv, s.u.).
Man spricht deswegen auch von Zwerchfellatmung. Und diese Atmung, langsam durchgeführt (und langsam bedeutet: 6 x / Minute), aktiviert den Nervus vagus oder auch: Vagusnerv. Das ist der größte Nerv des Parasympathikus. (Und Parasympathikus war nochmal der Nerv, der für Entspannung zuständig ist)
Der N. Vagus oder Vagusnerv. zieht vom Gehirn durch den ganzen Körper. Er teilt sich in verschiedene Nervenfasern und erreicht so wirklich fast jede Region des Körpers und jedes Organ und signalisiert : Entspannung.
Beispielswiese wird dem Herz “Entspannung” signalisiert: langsam schlagen, alles ist gut, keine Gefahr, hier passiert grade nichts. Das gleiche gilt für die Lunge: langsam und tief atmen, hier ist grade nichts los. Auch die Ausschüttung von Hormonen wird (auch) über diesen Nerv darüber gesteuert (auch über andere, das führt jetzt hier zu weit).
Und nur der Vollständigkeit halber: diese Vagusnerv kann auch Entzündungshemmung vermitteln.
Und wie alle Nerven findet auch beim Vagusnerv die Information in beide Richtungen statt. Also nicht nur, dass an Organe signalisiert wird: Entspannung ! sondern andersrum´ wird dem Gehirn kommuniziert: Kein Grund zur Sorge, alles im grünen Bereich. “Entspann` Dich“.
Und so funktioniert das dann auch mit der Atmung: Bei langsamer und tiefer Atmung wird dem Gehirn über den N. vagus “Entspannung” signalisiert. Und das Gehirn verstärkt diesen Zustand dann wiederum. Das ist ein so konkreter Mechanismus als würden Sie eine Türklinke nach unten drücken.
Wenn wir über eine Weile langsam und tief in den Bauch atmen (“Zwerchfellatmung“), “glaubt” das Gehirn, dass wir entspannt sind und richtet es so ein: der N. Vagus und das parasympathische Nervensystem wird aktiviert. Entspannung wird verstärkt.
(Das ist übrigens wie die Sache mit der “guten Laune”. Wenn wir über eine Weile die Mundwinkel nach oben ziehen und sei es noch so krampfhaft, “glaubt” das Gehirn nach einer Weile, wir würden lächeln, irgendeinen Grund zu lächeln würde es schon geben und es würde uns gut gehen und bedient dann den entsprechenden Zustand über Hormone.)
Der Satz, der es gut zusammenfasst, ist: die Emotion hängt von der Interpretation des “physiologischen Zustandes” (meint: Zustand der Körperfunktionen) ab.
Also das Gehirn interpretiert die Atmung. Langsame Atmung = Entspannung.
6 Atemzüge / Minute. Das ist das Ziel. 6 Atemzüge / Minute haben einen nachgewiesenen Effekt.
Fangen Sie langsam an, am Anfang kommen einem 3 oder 5 Minuten wie eine Ewigkeit vor. Aber üben Sie weiter und verlängern Sie Ihre Atemübungen beispielsweise auf 15 Minuten. Wenn Sie mögen auf 30 Minuten.
Und jetzt bitte nicht damit kommen, dass Sie keine Zeit haben …! (So schnörkellos wie ich das hier schreibe, es geht dennoch um nichts weniger als um etwas, womit Sie bestenfalls mehr Stabilität für sich mit Ihre Erkrankung erreichen.)
Atmen und bewußte, langsame Atmung muß man üben. Man muß es täglich üben, damit es wirkt. Man muß sich darauf einlassen. Aber wenn man das macht und am Ball bleibt – ist es die genialste Methode um `runterzukommen, sich zu entspannen.
Versuchen Sie … nein. Machen Sie`s einfach.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Freude beim Atmen.
Worüber ich nächstes Mal schreibe, weiß ich noch nicht. Ich habe nicht weniger als 100 Ideen.
Beste Grüße, Ihre
Dr. med. Susanne Weyrauch
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