eine weitere extraintestinale Manifestation (EIM): die PSC

Meine sehr geehrten Patienten

Vorab: die Erkrankung oder besser: die Extraintestinale Manifestation, über die ich jetzt schreibe, ist eher selten ! Es geht um die primär sklerosierende Cholangitis, herrlich einfach mit PSC abgekürzt (kein Mensch hat die Zeit und Lust, diesen langen komplizierten Namen auszusprechen). 

Dabei … primär sklerosierende Cholangitis  –  schöner klangvoller Name eigentlich, oder ? Und er sagt quasi wort-wörtlich (wenn man ihn “übersetzt”), was passiert: eine Entzündung der Gallenwege (Cholangitis), die ohne äußere Ursache entsteht (primär) und die über die Dauer zu einer Vernarbung (Sklerosierung) der Gallenwege führt.

Diese PSC (primär sklerosierende Cholangitis) tritt bei ca 5% aller Patienten mit einer chronisch entzündlicher Darmerkrankung auf. Bei der Colitis ulcerosa sind es bis zu 8% und beim M. Crohn 1 % bis maximal 3 %, wie immer schwanken die Angaben in der Literatur dazu ein bißchen, aber in der Größenordnung spielt sich das ab. 

Und wenn man über die Relevanz dieser Extraintestinalen Manifestation in Zusammenhang mit den chronische entzündlichen Darmerkrankungen und insbesondere mit der Colitis ulcerosa nachdenkt, muß man “den Spieß (quasi) umdrehen”.

Denn von allen Patienten mit einem M. Crohn oder einer Colitis ulcerosa haben zwar nur wenige eine PSC, ABER : von allen Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) entwickeln bis zu 70% eine chronisch entzündliche Darmerkrankung. Meist eine Colitis ulcerosa.

Vielleicht lesen das hier jetzt sogar einige von Ihnen und denken: “So war`s bei mir ! Erst die erhöhten Leber – bzw Gallenwerte und das mit dem Darm fing erst viel später an!” 

Die PSC (primär sklerosierende Cholangitis) gehört tatsächlich zu den Erkrankungen (Extraintestinalen Manifestationen), die auch Jahre vor einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, einem M. Crohn oder einer Colitis ulcerosa auftreten können.

Also bevor man das erste Mal überhaupt Bauchbeschwerden hat.

Oder auch Jahre später.

Ich schrieb das in dem ersten Artikel über die Extraintestinalen Manifestationen: selbst wenn bei der Colitis ulcerosa der Dickdarm entfernt wurde, kann eine PSC, die vorher schon da war, auch Jahre nach der Colektomie weiter aktiv sein oder sogar komplett neu auftreten.

Ich sag`s bzw. schreibe es nur ungern, aber das ist schon ein bißchen tückisch. Oder nein, besser: das kann ein bißchen tückisch sein.

Und bis hierhin war das jetzt ein bißchen …Statistik oder wie soll ich sagen. Wieviele haben`s, wann bekommt man`s…?

Aber was passiert denn jetzt eigentlich bei der primär sklerosierenden Cholangitis, der PSC? Was ist da los ?

 

Was passiert bei der PSC?

Also PSC (primär sklerosierende Cholangitis) = Entzündung der Gallenwege.

…”Einfach so” ?

Man geht davon aus, daß kleinste Partikel (die wir “Antigene” nennen) oder auch Entzündungszellen aus dem Darm in die Leber bzw. genauer gesagt in die Gallengänge in der Leber “wandern” (also sie gelangen in der Regel mit dem Blut dorthin…). Und dort einfach das verursachen oder machen, was sie sonst im Darm machen – Entzündung ! Stark vereinfach gesagt. 

Wenn man sich klar macht, daß im Grunde sowieso das ganze Blut aus dem Darm erstmal zur Leber (wo ja die Gallengänge sind) transportiert wird, ist es auch gar nicht mehr so abwegig, daß die Entzündung sich vom Darm auch in der Leber – bzw. in den Gallengängen ausbreitet.

Diese Entzündung der Gallenwege ist oder wird wie bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen chronisch. Das bedeutet, es ist nicht – wie zum Beispiel bei einer Lungenentzündung – eine Entzündung, die kommt, behandelt wird und dann weg ist.

Sondern es handelt sich um ein Entzündungsgeschehen, das bleibt bzw. immer wieder kommt (kommen kann).

Und auch wie bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen M. Crohn und Colitis ulcerosa ist diese Entzündung der Gallenwege nicht immer gleich stark ausgeprägt. Sie tritt mal mehr und mal weniger  auf und kann auch  für eine längere oder kürzere Zeit gar keine Aktivität zeigen.

Bei der PSC (primär sklerosierenden Cholangitis) ist nie die ganze Leber bzw. alle Gallengänge in der Leber gleichzeitig und gleich stark betroffen. Meistens sind einige Bereiche mehr und andere weniger betroffen.

Im Verlauf kommt es oft – nach vielen Jahren oder eher: nach viel Entzündung – zu einer Vernarbung der Gallenwege.

Und da liegt das Problem. Denn die vernarbten Gänge, und wenn sie noch so klein sind, sind nicht mehr zart und geschmeidig sondern starr und ein bißchen “bucklig”. Das hat zur Folge, dass die Galle nicht gut aus der Leber abfließen kann.

Manchmal kommt es zu sichtbaren Engstellen, teilweise mit Stauung vor der Engstelle. Manchmal kommt es “nur” (im Sinne von ausschließlich, es reicht schon…) zu kleinen Unregelmäßigkeiten der Gallengänge, die aber eben auch zu immer wiederkehrenden Entzündungen führen.

Und weil die Gallengänge ja zu einem großen Teil in der Leber liegen, ist die Leber in Mitleidenschaft gezogen.

 

Gallengänge in der Leber ...

An dieser Stelle habe ich mir dann mal klar gemacht, dass möglicherweise einige bis viele von Ihnen gar nicht wissen, wo die Gallengänge überall sind und wozu dieüberhaupt  gut sind. 

Die meisten Menschen kennen die “Galle”. Und meinen damit die Gallenblase. Die spielt aber z.B. grade für die primär sklerosierende Cholangitis, PSC gar keine Rolle.

Vom “Gallengang” haben einige gehört, wenn da schonmal ein Stein geklemmt hat. Und das ist dann grade mal der “große” Gallengang.

Ich schreib`s einfach nochmal, wie es sich jetzt genau verhält mit der Galle und der Leber.                 

Von den Leberzellen wird Galle “produziert” und in wirklich zunächst winzige Gallengänge zwischen den Leberzellen abgegeben. Die winzigen (winzigen !) Gänge zwischen den Leberzellen sieht man nur unter dem Mikroskop. Aber es ist ähnlich wie bei Blutgefäßen: die winzigen Gänge vereinigen sich zu größeren, die vereinigen sich weiter zu noch größeren, und irgendwann sind sie die Gallengänge so groß, dass man sie sieht. Und durch einen “großen” (groß meint in diesem Falle Durchmesser 4 mm, nur dass wir uns hier nicht verzetteln) Gallengang läuft dann die Galle aus der Leber in den oberen  Dünndarm, genauer gesagt den 12-Finger -Darm.

Die Gallenblase ist “nur” – im Sinne von ausschließlich  – ein “Speicherorgan” und wie gesagt für die PSC weniger wichtig.

 

Ein Problem der Gallengänge ist ein Problem der Leber

Ich führe das mit den winzigen Gallengängen zwischen den Leberzellen so episch aus, weil sonst vielleicht nicht klar wird, dass ein Problem der Gallengänge effektiv ein Problem der Leber ist. Denn wenn sich die kleinen oder auch die größeren Gallengänge entzünden und es zuerst Gangunregelmäßigkeiten und dann Engstellen gibt – wie beschrieben -, dann staut sich die Galle in das Organ Leber zurück.  Das führt zu mehr Entzündung auch im Lebergewebe und effektiv verändert sich das ganze Organ.

Für die Leber bedeutet das auch : Vernarbung als Folge von zu viel Entzündung. Das bedeutet Fibrose und irgendwann spricht man von einer Leberzirrhose.

Von einer Leberzirrhose haben einige von Ihnen sicher schonmal gehört und wissen: bei einer Zirrhose funktioniert das Organ irgendwann nicht mehr.

Und hier schließt sich der Kreis an die Stelle, an der ich schrieb, dass die PSC, die primär sklerosierende Cholangitis als extraintestinale Manifestation der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen M. Crohn und Colitis ulcerosa eben weitreichende Folgen für die Patienten haben kann.

Denn konkret ist es so: einige Patienten mit einer PSC (primär sklerosierender Cholangitis) müssen Leber-transplantiert werden, anders läßt sich die Erkrankung und die zunehmende Verschlechterung der Leberfunktion nicht aufhalten. Eine Lebertransplantation ist natürlich eine drastische Therapie und nicht alle Patienten müssen transplantiert werden. Zur Therapie schreibe ich im nächsten Beitrag. 

Heute wollte ich Sie informieren, was bei der PSC (primär sklerosierende Cholangitis. ….Von wegen Abkürzung. Ich hab`s doch immer wieder geschrieben, haben Sie auch gemerkt, ich weiß. Aber ich wette, Sie erkennen den Namen jetzt wieder, egal wo. Sei es in Ihren Arztberichten oder in Artikeln oder auch wenn Sie mit Ärzten sprechen oder Ärzte sprechen hören … Und sie wissen, was es damit auf sich hat. 1:0 für Sie. ) passiert.

Wie oder was Sie von der PSC merken, welche Diagnostik man macht und wie die Behandlung aussieht, schreibe ich Ihnen im nächsten Beitrag.

Für heute erst einmal alles Gute für Sie !

Und beste Grüße,

Dr. med. Susanne Weyrauch

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